Willkommen in meiner Welt – zwischen Mythos und Wahrheit

 

  Die Götter des alten Ägypten sind für mich keine Figuren aus einer fernen Vergangenheit, sondern lebendige Prinzipien, die durch meine Charaktere atmen und durch mein eigenes Leben wirken.
Bent, eine meiner zentralen Romanfiguren, trägt das Feuer der Sachmet in sich – wild, ungezähmt, mächtig. Doch ebenso wohnt ihr die milde Hand der Isis inne, die sie im Innersten ausbalanciert. Diese Spannung zwischen Zorn und Liebe, zwischen Zerstörung und Heilung, ist der Herzschlag meiner Erzählungen.

  Eine andere Heldin meiner Geschichten ist von Nebethat beseelt – jener stillen Wächterin der Schwelle, die zwischen Licht und Schatten steht. Ihre Präsenz verleiht meinem Ensemble eine Tiefe, die weit über archetypische Rollen hinausgeht.

  Ich selbst bin Waage – geboren unter dem Zeichen der Balance – und lebe nach den Prinzipien der Ma’at. Wahrheit, Ordnung, Gerechtigkeit: Sie sind nicht nur Themen meiner Bücher, sondern mein innerer Kompaß. Und Seth? Er bedroht meine Helden. Er ist das Sandkorn im Getriebe, der Stachel im Fleisch, die Prüfung, die alles herausfordert.
Die Götter in meinen Geschichten sind keine bloßen Gestalten – sie sind Kräfte, die wirken, fordern, verwandeln. Und ihre Namen tragen noch heute Echo. So findet sich das altägyptische Wort für „Gott“ – Netjer – bis in die Gegenwart hinein: In der Liturgiesprache der koptischen Kirche lebt es weiter als núti. Ein leiser Beweis dafür, daß die Stimmen der alten Welt nie ganz verstummen.

 

  In meinen Darstellungen zeige ich die Götter mit ihren spezifischen Attributen, die ihre Identität und Funktion im mythologischen Kontext sichtbar machen. Isis, die Königin der Götter, gekrönt mit der gehörnten Sonnenscheibe trägt zudem den Thron auf dem Kopf, Nebethat ihr Emblem mit Haus und Korb, und sowohl Sachmet als auch Bastet erscheinen mit der von der Iaret umkränzten Sonnenscheibe – bei Bastet ergänzt durch Körbchen und Sistrum. Maat ist durch die Feder gekennzeichnet, Symbol für Wahrheit und kosmische Ordnung. Seth hält einen Stab mit dem Was-Zepter in der Hand, die Göttinnen den Papyrus-Zepter. Alle Götter tragen in der linken Hand das Anch. Allen gemeinsam ist auch die typische altägyptische Tripartite-Perücke. Diese Zeichen sind keine Dekoration, sondern Ausdruck göttlicher Essenz.

Zwischen Himmel und Schwarzer Erde –

Die göttliche Ordnung Ägyptens

 

  Für die alten Ägypter war das Leben kein Zufall, sondern ein fein gewobenes Geflecht aus Gegensätzen: männlich und weiblich, aktiv und passiv, zornig und gütig. Jeder Aspekt der Welt war durch diese Dualität geprägt – ein kosmisches Gleichgewicht, das alles durchdrang.

  Während in vielen Kulturen Weiblichkeit mit Sanftmut und Hingabe verbunden wurde, offenbarte sich in Ägypten ein anderes Bild: Einige der mächtigsten und furchteinflößendsten Gottheiten waren weiblich. Sie konnten zerstören – mit Feuer, mit Sturm, mit göttlichem Zorn. Doch ebenso wohnten ihnen Mitgefühl und Schutz inne. Wer sie ehrte und besänftigte, durfte auf ihre Gnade hoffen. Ihre Liebe war tief – aber niemals leichtfertig.

  Die altägyptische Religion kannte über 900 Gottheiten, jede mit eigener Geschichte, Symbolik und Macht. Auf sie alle einzugehen, würde den Rahmen dieser Seite sprengen. Deshalb möchte ich mich auf die Gottheiten konzentrieren, die in meinen Romanen eine besondere Rolle innehaben – Wesen, die für mich das Wesen Ägyptens verkörpern.
Die alten Ägypter – die sich selbst Remet en Kemet, das Volk der Schwarzen Erde, nannten – lebten nach einer Ordnung, die über allem stand. Eine Ordnung, die das Chaos bannte, die das Leben strukturierte, die das Universum zusammenhielt.

  Denn über allem thronte: Ma’at – die Wahrheit, die Gerechtigkeit, die kosmische Balance. Sie war nicht nur ein Prinzip – sie war das Herz der Welt!

 

 

Ma’at – Die Feder der Welt

 

 Ma’at ist mehr als eine Göttin. Sie ist das pulsierende Prinzip, das die Welt im Gleichgewicht hält – ein leiser, aber unerschütterlicher Herzschlag der Schöpfung. Ihre Feder, leicht wie der Wind und doch schwerer als jedes Urteil, symbolisiert das empfindliche Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Wahrheit und Täuschung, zwischen Gerechtigkeit und Willkür.

  Ma’at ist kein Wesen, das man anbetet – sie ist ein Zustand, ein inneres Gesetz, ein moralisches Fundament. Sie durchdringt das Denken, das Handeln, das Sein. Wer Ma’at in seinem Herzen trägt, lebt in Einklang mit der Welt. Denn das Herz – nicht das Gehirn – galt den Ägyptern als Sitz des Verstandes. Und dort, tief verborgen, wohnt Ma’at.

 

 

  Sie ist die stille Richterin, die das Universum durchdringt. Ohne sie zerfällt alles in Isfet – das Gegenprinzip, das Unrecht, die Gewalt, die Lüge. Isfet ist das Chaos, das Ma’at unermüdlich zurückdrängt. Ein ewiger Kampf, nicht auf Schlachtfeldern, sondern in Gedanken, Worten und Taten.

  Ma’at ist der goldene Faden, der das Gewebe der Welt zusammenhält. Wer ihn verliert, verliert die Ordnung – und damit sich selbst.

Ma’at: Ägyptische Göttin mit Feder auf dem Kopf, Symbol für Wahrheit und kosmische Ordnung.

Isfet – Die dunkle Schwester der Ordnung, das Prinzip des Unrechts

 

  Isfet ist keine Göttin mit Gesicht – sondern ein Schatten, ein Zustand, ein Riss im Gefüge der Welt. Sie steht für das Unrecht, die Lüge, die Gewalt – für all das, was Ma’at entgegenwirkt. Wo Ma’at Harmonie stiftet, entfesselt Isfet Verwirrung. Wo Ma’at Wahrheit ist, ist Isfet Täuschung.

  In den „Klagen des Oasenmannes“, einer Erzählung aus dem Mittleren Reich, wird diese Gegensätzlichkeit in eindrucksvollen Bildern beschrieben. Dort heißt es:

„Wer die Lüge vernichtet, fördert die Ma’at, wer das Gute fördert, macht das Böse zunichte, wie Sattheit den Hunger vertreibt, Kleidung den Nackten bedeckt, wie der Himmel heiter ist nach heftigem Sturm.“

  Isfet ist der Sturm, der das Licht verdunkelt – doch sie ist nicht allmächtig. Denn jedes gute Wort, jede gerechte Tat, jeder Akt der Wahrheit ist ein Sieg über sie. Die Ägypter wußten: Die Welt muß täglich neu geordnet werden, denn Isfet lauert in jedem Moment der Nachlässigkeit.

  Sie mag kein Bild haben – aber ihre Wirkung ist spürbar. Und gerade deshalb ist es so wichtig, sie zu benennen.

 

Isis – Die Große Mutter, die Zauberin, die Königin

 

Isis ist die Göttin, die alles umfaßt: Liebe und Magie, Tod und Wiedergeburt, Mutterschaft und Macht. Sie ist die Trösterin der Trauernden, die Heilerin der Wunden, die Wissende unter den Göttern. Keine andere ägyptische Göttin wurde so innig verehrt, so weit verbreitet, so tief empfunden – von den Ufern des Nils bis in die Tempel Roms.

 

 

  Als Schwester und Gemahlin des Osiris ist sie die Hüterin des Lebens nach dem Tod. Mit unerschütterlicher Hingabe sammelt sie die zerstückelten Teile seines Körpers, haucht ihm neues Leben ein – und gebiert ihren Sohn Horus, den Thronerben, den Lichtbringer. In dieser Tat liegt ihr größter Mythos: die Macht der Liebe über den Tod, die Kraft der Weiblichkeit über das Chaos.

  Isis ist die Mutter aller Pharaonen, denn Horus lebt in jedem von ihnen. Sie ist die Krone auf dem Haupt der Königin, das Wort auf den Lippen der Priesterin, die Magie in den Händen der Heilerin. Ihre Flügel breiten sich schützend über die Welt, und ihr Thronzeichen – das Hieroglyphensymbol für „Thron“ – ist ihr Name – ASET – selbst.

 

Isis: Weibliche Figur mit Thronzeichen auf dem Kopf, Göttin der Magie und Mutterschaft.

 

  Sie ist die Göttin der Zaubersprüche, der geheimen Namen, der verborgenen Kräfte. Kein Gott konnte sich ihrem Willen entziehen, denn Isis kannte die wahre Sprache der Schöpfung. Doch ihre Macht ist nie kalt – sie ist warm, mütterlich, durchdrungen von Mitgefühl.

  Sie durchstreifte die Welt, um Osiris zu finden. Zerschnitten. Verstreut. Verstummt. Sie sammelte die Fragmente seines Körpers, sprach Worte, die Leben zurückbringen konnten. Sie stillte Horus mit göttlicher Milch, während die Welt um sie erbebte.

Sie weint …

  Nicht leise. Nicht verborgen. Ihre Tränen fielen wie Regen auf das Land. Sie weinte um die Liebe, die starb. Um die Ordnung, die zerbrach. Um das Leben, das nicht mehr war. Ihr Tränen wurden zu Sturzbächen, und der Nil schwoll an – als ob die Erde selbst mit ihr trauerte.

  Isis ist die Göttin, die weint – und aus ihren Tränen entsteht der Nil. Sie ist die Göttin, die heilt – und aus ihrem Atem wächst neues Leben. Sie ist die Göttin, die liebt – und aus ihrer Liebe entsteht Hoffnung.

 

 

Bastet – Die sanfte Macht der Schönheit

 

  Bastet ist die Göttin der Zärtlichkeit, der Lust und der Liebe – eine himmlische Gefährtin, die schnurrt und schützt. Wie ihr Symboltier, die Katze, ist sie eigenwillig, geheimnisvoll und voller Anmut. Sie streift durch die Welt mit leisen Pfoten, doch ihre Präsenz ist unübersehbar: warm, sinnlich, unberechenbar.

  Verwandt mit der aus der Ferne strahlenden Hathor, steht Bastet den Frauen besonders nahe – als Göttin der Fruchtbarkeit, der Geburt, der weiblichen Kraft. Sie hört die Bitten der Mütter, segnet die Wiegen, und schenkt Leben mit einem Lächeln, das zugleich uralt und ewig jung ist.

 

 

  Die Ägypter verehrten die Katze nicht nur als Jägerin, die die Getreidespeicher vor Mäusen bewahrte – sie erlagen ihrem Charme. Das schönheitstrunkene Volk von Kemet nannte sie Miu oder Mau, und ihr Tod war ein Ereignis von tiefer Trauer: Man rasierte sich die Augenbrauen, um den Schmerz sichtbar zu machen. Das Töten einer Katze galt als Kapitalverbrechen – denn wer Bastets Geschöpf verletzte, griff nach dem Herzen der Göttin selbst.

 

 

  Ihr Name leitet sich von Bas, dem Salbgefäß, ab – ein Symbol für Pflege, Duft und Hingabe. In ihrer Hieroglyphe lebt dieser Ursprung weiter. Bastet ist die Mutter von Nefertem, dem jugendlichen Gott der schönen Düfte, der mit der ersten Lotusblüte aus dem Urwasser emporstieg.

  Doch die Welt der Ägypter war nicht nur sanft. Und Bastet ist nicht nur Schmusetier. Denn wo sie mit Sistrum und Körbchen erscheint, mit goldenen Ohrringen und einem milden Blick – dort lauert auch ihr Schatten ...

 

 

Sachmet – Die Löwin der Zerstörung

 

  Sachmet, Bastets brutales Gegenstück, verkörpert die andere Seite der göttlichen Dualität. Sie ist die Löwin, die brüllt, wenn Bastet schweigt. Wo Bastet heilt, zerstört Sachmet. Wo Bastet streichelt, zerreißt Sachmet. In ihr zeigt sich die grausame Wirklichkeit der gnadenlosen Natur, in der die alten Ägypter lebten – eine Welt, in der Leben und Tod, Liebe und Zorn, Heilung und Vernichtung untrennbar miteinander verwoben waren.

Sachmet – Die Mächtige


  Sie ist die Löwin unter den Göttinnen, die Flamme unter den Sternen, die ungezähmte Kraft, die Leben schützt und vernichtet. Sachmet – Die Mächtige – trägt Titel, die Ehrfurcht gebieten: Dame des roten Tuches, Tochter des Re, Herrin der Angst, Nebet Sedau – Herrin des Zitterns wird sie genannt. Jeder Name ein Donnerhall, jede Hieroglyphe ein Bekenntnis zur Macht.

 

 

Ihr Name, in Zeichen gefaßt, spricht für sich: Das Sechem-Zepter steht für Autorität. Der stilisierte Brotlaib verrät ihre Weiblichkeit – doch ihre Kraft ist alles andere als sanft. Sechem Me würde man sie aussprechen, doch das „t“ bleibt stumm – wie die Gefahr, die sie verkörpert: lautlos, aber tödlich.

  Ihre Erscheinung ist majestätisch und furchteinflößend zugleich: eine schlanke Frau mit dem Kopf einer Löwin. Die Ägypter übertrugen alle Aspekte der Löwin auf sie – die Fürsorge, die Wildheit, die tödliche Präzision. Wie die Löwin ihren Pascha beschützt, so schützt die Große Königliche Gemahlin – Hemet Nesut Weret – ihren Gatten. Als irdische Verkörperung der Ma’at steht sie ihm zur Seite, doch in ihr lodert auch Sachmets ungezähmte Feuerkraft.

 

Das Auge des Re

 

  Sachmet ist nicht nur Beschützerin – sie ist das Auge des Sonnengottes Re, seine Rächerin, seine Waffe. Mit brennendem Atem vernichtet sie die Feinde Pharaos, lenkt die Kräfte der Aggression und der Zerstörung. Sie ist die Göttin, die in meinen Romanen um Bent ihren Namen trägt – und mit Recht. Denn sie ist nicht nur eine Figur der Mythologie, sondern ein Prinzip der Macht, das durch die Zeiten hallt.

  Ihr Titel Dame des roten Tuches verweist auf das Blut der Schlacht, auf das Feuer der Raserei. Sie ist die Herrin der Angst, die Göttin der Pest, die Bringerin von Krankheit – und zugleich die Schutzpatronin der Heilkünste. Ihre Priester waren nicht nur Diener, sondern Heiler, medizinisch ausgebildet, um die Folgen ihres Zorns zu lindern.

  Sachmet ist die Göttin der Extreme – die Löwin, die heilt und tötet, die liebt und vernichtet. Wer sie ruft, muß bereit sein, ihr Feuer zu tragen.

 

Nebethat – Die Herrin des Hauses

 

 Nebethat ist die Göttin der Nacht, der Dämmerung, der verborgenen Räume zwischen Licht und Schatten. Sie ist die Zwillings-Schwester von Isis, die Gefährtin des Osiris, die Mutter des Anubis – und doch bleibt sie oft im Hintergrund. Nicht aus Schwäche, sondern aus Stärke. Denn Nebethat ist die Wächterin jener Kräfte, die nicht laut auftreten, sondern leise wirken: Schutz, Trauer, Übergang.

Sie steht an der Schwelle zwischen Leben und Tod, zwischen Diesseits und Jenseits. Während Isis das Leben verteidigt, begleitet Nebethat die Seele durch den Tod. Sie ist die Trösterin der Sterbenden, die Stimme in der Stille, die Hand, die hält, wenn alles andere losläßt.

 

 

In den großen Mythen ist sie die stille Helferin, die mit Isis den Körper des Osiris sucht, ihn betrauert, ihn schützt. Ihre Magie ist nicht die der Zaubersprüche, sondern die der Präsenz – sie ist da, wenn man sie braucht, ohne sich aufzudrängen. Eine Göttin der Loyalität, der Hingabe, der tiefen, stillen Liebe.

  Als Mutter des Anubis schenkt sie dem Gott der Einbalsamierung seine Würde. Sie ist die Göttin der Begräbnisriten, der nächtlichen Gebete, der schützenden Umhüllung. Ihre Kraft liegt im Übergang – und darin, ihn nicht zu fürchten.

 Nebethat ist die Nacht, die nicht droht, sondern birgt. Die Dunkelheit, die nicht verschlingt, sondern schützt. Die Schwester, die nicht glänzt, sondern trägt.

 

 

Nebethat und Seth – Die stille Verbindung

 

  In einigen Erzählungen ist Nebethat die Gattin des Seth – jenes Gottes, der für Chaos, Wüste und Zerstörung steht. Eine Verbindung, die auf den ersten Blick widersprüchlich wirkt: die stille Göttin der Nacht an der Seite des stürmischen Kriegsgottes. Doch gerade darin liegt eine tiefere Wahrheit.

   Nebethat ist nicht nur die Schwester der Isis, sondern auch die Grenzgängerin zwischen Ordnung und Auflösung. Ihre Verbindung zu Seth zeigt, daß sie nicht nur trauert und schützt, sondern auch mit den Kräften des Wandels vertraut ist. Aus dieser Verbindung geht Anubis hervor – der Gott der Einbalsamierung, der Wächter der Toten. Ein Kind, geboren aus Nacht und Sturm, das die Schwelle zwischen Leben und Tod bewacht.

   Nebethat liebt nicht laut. Sie liebt im Schatten. Und selbst in der Nähe des Chaos bleibt sie Hüterin der Übergänge, Trösterin der Seelen, stille Kraft im Lärm der Welt.

 

Sutech (Seth) – Der Geburtsruf des Chaos

 

  Aus Schmerz geboren – ein Gott, so mächtig, daß selbst Eisen zu seinen Knochen wird. Sutech ist sein Name – Gott der Schmieden, des Sturms, des Chaos. Er erschlägt Nacht für Nacht die geflügelte Schlange Apep und bewahrt die Welt vor Dunkelheit. Donner ist seine Stimme, Krieg sein Atem. Ihm gehört die sechste Stunde – und der Himmel schweigt, wenn er spricht.

  Es war einmal eine Frau von atemberaubender Schönheit, doch ihr Schicksal war dunkler als die Tiefen des Kosmos. Als die Stunde der Geburt kam, zerfetzte ein mächtiger Riß der Göttin Nuts Leib – das Kind stieß hervor, nicht sanft wie Leben, sondern gewaltig wie Tod. Ihren Leib schützend über ihren Gatten Geb, die Erde, gebogen, sah sie ihn entstehen: ein Gott, geboren aus Schmerz und Urgewalt.

Mit ihm erwachte das Chaos. Die Welt hielt den Atem an. Nichts war mehr wie zuvor.

 

 

Kein gewöhnliches Kind – aus Eisenerz geformt, seine Knochen geschmiedet aus den Adern der Erde selbst. Das zwei Tonnen schwere Zepter in seiner Faust tödlich genug, um selbst andere Götter zu erschlagen. Sein Name hallt durch die Legenden: Sutech, der Gott der Schmieden und der Metalle, der Sturmbringer, der Kriegsherr, der Gott des Chaos.

  Sein Reich ist die sechste Stunde des Tages – dort beginnt seine Herrschaft. Der Große Wagen zieht über den Himmel als sein Sternbild, Merkur rast durch das Firmament als sein Planet. Und Nacht für Nacht stellt er sich dem Schrecken, den die alten Ägypter nur flüsternd benennen: Apep, die geflügelte Schlange der Unterwelt und das böse Gegenstück zu Iaret ...

 

 

Dieses Ungeheuer giert danach, die Sonnenbarke des Re zu verschlingen, den Lichtgott zu vernichten, das All und die Welt in Finsternis zu tauchen. Es hypnotisiert alle Götter, doch Sutech allein vermag dem Blick der Schlange zu trotzen – unbeirrbar, unbesiegbar. Mit jedem neuen Sonnenuntergang erhebt er sich erneut, erschlägt Apep aufs Neue, verbannt die Dunkelheit.

  Seine Stimme ist der Donner, seine Schritte sind Sturm. Er ist Gott des Krieges, der Dürre, der Fremde und des Unfaßbaren. Und während andere Götter wanken – da herrscht Sutech mit loderndem Zorn und brennendem Willen.