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SACHMET BLUTMOND
BAND 2
2. Auflage Frühjahr 2022
ISBN: 9783748146889
Print: 208 Seiten, 10,99 €
Als E-Book: 5,99 €
Klappentext SACHMET BLUTMOND
Ägypten lebt in Wohlstand und Frieden unter der Herrschaft von Pharao Amenhotep und seiner Gemahlin Teje. Doch der Kampf der großen Göttinnen Isis und Sachmet, über die Herrschaft der Seelen der Hohepriesterin Sahu-Re beginnt erst. Eine unheimliche Himmelserscheinung bedroht das Schwarze Land. Bent, von Visionen geplagt, fürchtet, Sachmet wolle ein zweites Mal die Menschheit vernichten.
1389 v. Chr.: Uaset, Kemet
Bent, äußerlich geheilt, innerlich zerrissen, versucht ihrer grausamen Vergangenheit zu entfliehen, nimmt daher das Amt der Hohepriesterin im Tempel der Isis an. Doch das Studium der geheimen Schriften und das Lernen der Heilkunst sind nicht ihr alleiniges Bestreben. Fieberhaft versucht sie aus den Mysterien der Isis Heka Achu zu lernen – das Zaubern! Wird es ihr gelingen, das Grab ihres Kindes und ihrer Freundinnen zu finden? Wird sie es schaffen, ihr Haus aus Trümmern auferstehen zu lassen? Denn eines Tages steht sie wieder ihrem Peiniger Amenophis Hapu gegenüber! Und was sie einst der furchterregenden Sachmet geschworen hatte, nimmt unverhofft eine blutige und grausame Wendung.
Textschnipsel
… Bent stand auf, trat um den Tisch herum, Kara kauerte sich auf dem Stuhl, die pure Angst im Gesicht. Anscheinend den letzten Mumm zusammenkratzend, erhob sie sich und machte Anstalten rückwärts den Raum zu verlassen. Bent war schneller und versperrte ihr den Fluchtweg. Wie ein Vögelchen in der Falle schaute sich Kara um. Von hier gab es kein anderes Entkommen als durch diese eine Tür. Bent schaute in das kleine liebe Gesicht der anderen, die gut einen Kopf kleiner als sie selbst war, zierlich, und Bents Meinung nach nicht unbedingt sehr helle. Flink und grausam wie eine Katze eine Maus fängt, drehte sie Kara einen Arm auf den Rücken, entwand ihr das Schriftstück, setzte sich wieder und begann zu lesen:
Wenn ich nach dieser Nacht nicht mehr bin, Kara, dann wirst du dafür sorgen, daß Bent, Die Tochter der Löwin, Die Tochter der Blüten, jene Bent, die wir hier im Hause gesund gepflegt haben, als meine Nachfolgerin meinen Posten einnimmt. Mit allen Pflichten die mit diesem Posten verbunden sind. Uneingeschränkt und unwiderruflich. Sie wird ab heute Sahu-Re genannt! Lehrt sie alles was sie wissen muß. Ich will daß du sie liebst, wie du mich geliebt hast; daß du ihr treu zur Seite stehst wie mir. Das ist keine Bitte, Kara, das ist mein Wille und Der Großen Mutter, unser aller geliebten Göttin Isis‘ Gesetz.
Textschnipsel
… Bent wartete förmlich, daß alle ihre Schlappen auszogen und sie damit bewarfen, doch sie bekam lediglich boshaftes, höhnisches Gelächter und empörtes Geschnaufe zu hören. Uadja klimperte plötzlich dermaßen lästig auf der Laute, daß alle jammerten. Pesechet entriß Uadja genervt das Instrument.
„Echt?“ meinte Kara.
„Tja!“
„Eine Hure!“, geiferte Mesechnet erbost. „Auf dem Posten der Oberpriesterin der Isis! Was sind das für Zeiten! Jetzt verstehe ich das Rezept mit dem Salat und die Sache mit dem Überzieher! Schämen sollte man sich!“ Mesechnet spuckte verächtlich auf den Boden. Pesechet bedeutete ihr still zu sein, Uadja griff nach dem Weinkrug, füllte sich abermals den Becher, schnauzte: „Hast du dich je obszön an Hauswände gedrückt?“ Ihr Ton drückte absolutes Mißfallen aus. „Bist du den Männern nachgelaufen wie eine räudige Hündin? Hast du es für einen Krug Bier gemacht, damit du dich besaufen kannst? Hast du in der Gosse gelegen; trunken von billigem, saurem Wein?“
„Nein!“, empörte Bent sich. „Bei Bastet ging alles vornehm zu! Später unterhielt ich selbst ein Haus und… dort beschäftigte ich Damen. Es war ein feines, vornehmes Haus! Und ich hatte einen Haushofmeister, der mal bei einer adeligen Dame in Diensten stand!“
„Haushofmeister?“, spottete Uadja und blickte Bent tief in die Augen. „Weißt du,“ zischte sie wütend, „wenn wir hier etwas nicht wollen, sind das Weiber, die nicht hierher passen! Dumme Gänse, die keine Ahnung haben! Oder solche, die ständig quer treiben! Und erst recht keine die lügen!“ Bent trank einen Schluck Wein, darauf gefaßt, jeden Moment den Inhalt des Bechers in Uadjas Gesicht zu schütten. Am liebsten hätte sie ihr die Augen ausgekratzt. „Aber du besitzt ganz schön Mut! Das muß ich dir lassen. Nicht jede wäre so ehrlich gewesen!“ …
Textschnipsel
„… Unter deinen heiligen Flügeln soll diese Frau, genannt Bent, genannt Tochter der Löwin, dein Haus beschützen und hüten und leiten wie du mich, Hemet Nesut Weret Teje, beschützt, hütest und leitest!“
Die Königin griff nach der Papyrusdolde in der Milch, besprengte Bents Haupt und den Altar. Dann, Bent traute kaum zu atmen, bat Teje Tachut zu ihr zu treten.
„Die Älteste und Weiseste dieses Hauses ist allzufrüh zu der Stätte des Auges gerufen worden. Nun ist sie ihrer Pflicht entbunden, ihr Auge ruht nicht mehr auf uns. Daher bitte ich die nächste Älteste, Dame Tachut, Iarets Vermächtnis zu bringen.“
Bent konnte durch den Schleier sehen, daß Tachut Isis‘ Krone zur Königin brachte, diese sie aufhob und Bent mit feierlicher Geste auf das Haupt setzte. Teje ergriff Bents Hände, zog sie hoch.
„Erhebe dich, Sahu-Re!“ Teje hob den Schleier von Bents Gesicht, legte ihn vorsichtig über die Krone, griff nach dem Tiegel mit dem Salböl:
„Ich salbe dich mit dem heiligen Kyphi, ich weihe dich mit dem heiligen Duft, ich preise den Namen der Göttin, unserer Himmelskönigin, Herrin des Lebens, Isis. Siehe, hier steht Sahu-Re, von nun an Hemet Netjer, Hemet Netjer Tepi en Isis, Gottesdienerin! Erste Dienerin der Isis, die von mir ins Amt berufene Hohepriesterin dieses deines Hauses! Sie möge leben, sie möge gesund sein!“
Andächtig schüttelte Kara die Sistren. Bent, vollkommen von der Feierlichkeit des Augenblicks übermannt, hauchte kaum eines Wortes fähig „Danke! Habt Dank, Herrin. Dwa Netjer ink!“
„Ich will keinen Dank, Dame Sahu-Re! Ich war es Iaret schuldig. Es war ihr Wille. Hier soll wieder eine starke Frau stehen, wie sie eine war. Ich denke, mit dir hat sie eine gute Wahl getroffen. Doch nun, wo alles rechtens ist, wollen wir die große Göttin bitten, wieder in ihr Haus zu ziehen.“
Bent blickte nach den Damen des Hauses. Kara, in vorderster Reihe, vollkommen gerührt und ein wenig verheult. Tachut wischte verstohlen Tränen aus den Augenwinkeln. Pesechet wirkte kühl und gelassen. Die anderen schwankten zwischen Stolz und Ablehnung …
Textschnipsel
… Er wich zurück, während sie auf ihn zutrat. Lustvoll spürte Bent den heißen, glühenden Schmerz der mächtigen blutenden Gottesworte auf ihrer Brust. Ihre Hände krümmten sich zu verbrannten Klauen, schnellten vor. Ihr Gesicht verwandelte sich wieder in die vom Feuer zerstörte Fratze. Spielerisch kokett neigte sie den Kopf ein wenig zur Seite, wirkte wie das grauenhafte, grausam verzerrte Spottbild ihrer Statue im Pa Demi.
„Du hast unglaubliches Glück, Amenhotep, Sohn des Hapu“, brüllte sie löwengleich. „Unglaubliches Glück, denn ich kann kein Leben nehmen, solange Isis in der Nähe ist. Aber ich kann dir etwas geben, mein alter Freund! Für das, was du meiner Dienerin angetan hast, werde ich dir etwas schenken, woran du dich dein ganzes Leben lang erfreuen kannst – und glaube mir, es ist schlimmer als der Tod!“
Wie aus dem Nichts schwirrten Millionen von Heuschrecken durch den Korridor, getragen von dem heißen, heftigen, tosenden Wind, der Amenhotep fast von den Beinen riß; taumelnd wich er weiter zurück, wie toll um sich schlagend, die Heuschrecken vertreibend. Doch es gab kein Entkommen, denn hinter ihm befand sich nur die Tür zum Abtritt. An die drückte er sich schnaufend, doch er saß in der Falle. Hier gab es keinen weiteren Ausgang. …
Textschnipsel
… Nachdem sie Bek freudig ausgiebig gemustert hatte, klopfte sie mit der Hand auf die Mauer, daß er sich setze.
„Das ist es also. Oh, Mädchen, daß du da lebend rauskamst!“
„Es ist erst später alles zusammengestürzt.“
„Da müssen etlicher meiner Männer ran, bis das alles weggeräumt ist. So, und nun erzähl mal, wie es da aussah!“
„Das waren zwei Häuser. Siehst du“, sie wies mit der Rute, „da erkennst du die Schwelle der Eingangstür und genau gegenüber lag die andere Haustür, da, zu dem Marktplatz hin. Da läuft doch schon wieder einer über meine Kacheln! Das ist doch… mach daß du da wegkommst! Vorne an der Tür waren Säulen und eine Hohlkehle über der Tür. Und gleich hinter den Eingangstüren sind Treppen, die in die Keller führten.“
„Gut zu wissen, nicht daß mir ein Arbeiter hinabstürzt.“
„Ja! Das vordere Haus hatte vier Schlafräume, eine große Wohnhalle und keine Küche. Das hier vor dir die große Wohnhalle, mein Schlafraum und eine Küche. Bei beiden Häusern sind Baderäume neben den Eingängen.“
„Das andere Grundstück ist doch genauso groß, wieso hatte es so viele Zimmer?“
„Dort ist kaum Garten, ich ließ es umbauen. Und denk daran, in den Gärten waren Brunnen. Wenn da einer hineinfällt!“
„Das kriegen wir schon hin. Ich kenne übrigens den, der diese Kacheln brennt. Dann kann man schadhafte ersetzen.“
„Das wäre schön!“ Bent rammte ihm unwirsch den Ellbogen in die Seite und kritzelte mit dem Stock ungefähr den Grundriß der Häuser in den Sand. „Ich will es genau wieder so haben! Die beiden Häuser, die sich gegenüberliegenden Wohnhallen mit einer Tür verbunden. So und nicht anders.“ …
Textschnipsel
„… unsere klugen Eltern schickten uns hierher in die Lehre. Die Heilkunst, das Zaubern, die Geburtshilfe, das Wissen um die Macht der Kräuter, Gifte und Gewürze lernten wir. Wir lernten die Mysterien der Isis. Und ich weiß bis heute noch längst nicht alles.“
„Oh!“
„Ich weiß! Man sieht bloß eine alte Frau, verhutzelt und verschrumpelt, gebeugt daherkommend, die Schönheit längst dahingewelkt, die Kraft und die Wildheit dem grausamsten Ungeheuer der Welt – der Zeit – geopfert. Man beachtet die Alten kaum, sind doch nur unnütze Esser, gehören längst der Vergangenheit an. Doch hier drin“, sie klopfte sich an die Schläfe, „ist alles wohl verwahrt: die Schönheit von damals, die köstliche Wildheit meiner jungen Jahre, meine glatte, sinnliche Haut, meine wiegenden Hüften, meine glänzenden schwarzen Haare, die Gedanken an die Liebe – wie sich ein Kerl anfühlt, der dich heiß küßt während er dich liebt. Die Tänze die ich tanzte, die Feste, die ich feierte, meine bunten Kleider, mein glitzernder Schmuck. All die Kinder, denen ich auf die Welt half, die Dankbarkeit der Mütter… Mein ganzes Wissen… Ich wünschte… Ich wünschte, ich wäre noch einmal jung! Doch die Farben meines Lebens sind verblaßt! Es war so schön, dieses Leben!“ …