Sachmet Flammende Herzen |
Flammende Herzen!
Die schönsten Liebesgeschichten aus der Welt von Sachmet, in
jenem Augenblick erzählt, da die Helden in Erscheinung treten. Wer kennt
ihn nicht, jenen sehnsüchtigen Schmerz der Liebe? Was gibt es Schöneres
als die große Liebe, die einzige, die erste? Was ist tragischer als die
verlorene, vergebliche Liebe und größer als Menschenliebe! Freuen Sie
sich auf elf reizvolle, unterhaltsame Geschichten, mal frivol, mal
tragisch, in denen sich alles um die ganz großen Gefühle meiner Helden
dreht!
Ranofer und Samut
„Chaba wird dir den Kopf abreißen und meinen gleich mit!“
„Mit dem werd ich fertig!“
„Aber natürlich! Der feine Herr Offizier! Läßt seine Beziehungen
spielen! Willst du ihm um den Bart gehen? Dem lieben Onkel schmeicheln? Ihm
eine gewaltige Lüge auftischen?“
„Tju!
Genau in der
Reihenfolge!“ Ranofer hörte seinem lamentierenden Freund gar nicht zu,
schaute bewundernd pfeifend der jungen Frau hinterher die gerade an ihnen
vorbeischlenderte, erntete dafür einen glühenden, schmachtenden Blick aus
geschminkten, feurigen, dunklen Augen.
„Em Hotep,
Schönheit!“
„Anch Uda
Seneb,
Herr Offizier“, säuselte sie zurück.
„Komm schon! Das ist nicht dein Ernst!“ Samut zog ihn am Arm weiter
zu den Fähren.
„Entschuldige Schönheit!“ Ranofer machte eine übertriebene
Verbeugung, „Die Pflicht ruft!“
„Kein Weiberarsch ist vor dir sicher!“
„Wenn die Hintern auch so niedlich sind!“
„Hast du jemals eine ehrlich geliebt?“, fragte Samut auf der kurzen
Überfahrt nach Yabu.
[1]
„Dich auf eine festgelegt?“
„Die Welt ist voll schöner Frauen, Bübchen. Warum bei einer
bleiben?“
„Wenn mir
die Richtige über den Weg läuft, mach ich mit dem Soldatenleben ein für alle
Mal Schluß!“
„Das kannst du mir doch nicht antun, du Stinker!“
„Du bist viel zu alt für so einen Blödsinn! Wie alt bist du?
Zwanzig? Wird Zeit, daß du dir eine suchst.“
„Neunzehn. Und du? Bist auch kein Kind von Traurigkeit!“
„Ich übertreib‘s aber nicht so wie du!“
„Ahaneith schleppt laufend welche an, die ich ehelichen soll. Meine
Fresse, eine hübscher als die andere. Ein unerschöpflicher Quell … ich hab
da so mein Lieblingsplätzchen im Garten …“
„Du bist echt ein Ferkel!“
„Willst du mir jetzt was von wegen Sittlichkeit erzählen?“
„Nein!“, brauste Samut auf. „Von Anstand! Wie kannst du deine Tante
dermaßen hintergehen? Irgendwann kommt das raus, irgendwann hast du eins der
Mädchen geschwängert, und dann?“
Ranofer zuckte lässig mit den Schultern. „Was soll’s.“
„Irgendwann, Ranofer, erwischt dich ein Ehemann, ein Liebhaber. Was
dann? Zerrt dich vor Gericht oder Schlimmeres! Geh wenigstens zu einer
Hure!“
„Ich bezahl auch noch für Liebe, du Idiot! Eh
ich zu
einer Hure gehe fließt
Iteru in die andere Richtung! Komm, wir müssen
aussteigen.“
„Ihr
sollt sofort zum
Tjah Serut
kommen!“, befahl der Wachhabende.
„Uih!“, scherzte Ranofer.
„Er duldet kein Säumen, Herr Offizier!“
Schweigend stand Ranofer ein paar Augenblicke später bei Chaba in
der Kommandantur. Samut, nach dem Empfang einer gehörigen Strafpredigt wegen
ihres Zuspätkommens längst hinausgeschickt.
„Rühr dich!“
„Onkel, laß dir doch erklär…“
„Schweig!“
Ranofer biß die Zähne zusammen, betrachtete seinen Vorgesetzten,
suchte vergebens den liebenden Onkel, den Vaterersatz, fand nur den
unerbittlichen strengen Kommandanten der Garnison von
Yabu.
„Hundert Mann“, polterte der nun, „Hundert aus jeder Garnison werden
zu den Waffen gerufen! In Mannschaften zu je fünfundzwanzig. Vier
Offiziere!“
„Spähtrupps?“, erlaubte sich Ranofer zu fragen.
„Schweig!“ Chaba baute sich vor ihm auf, blähte sich auf, machte
sich größer als er ohnehin war, barst beinahe vor Zorn. Ranofer kam sich
plötzlich richtig klein vor, obwohl er mehr als dreieinhalb Ellen lang war.
[2]
Größer und stärker als jeder andere Kerl hier. Selbst wie der wuchtige
Chaba. Und so wie Chaba zu sein hatte er sich immer gewünscht. Hart, aber
gerecht. Wohlwollend, solang man ihn nicht auszunutzen versuchte, ehrlich
und anständig. Ranofer hoffte, daß er wenigstens etwas vom Onkel, dem Bruder
seiner Mut,
vererbt bekommen hatte und nicht nur die gute Laune, den Schneid und die
Frechheit die ihm sein ihm unbekannter Vater vermacht hatte.
„Wenn Iteru
sich zu Hapi
gewandelt hat“, grollte Chaba, „wenn das Wasser steigt geht es los. Hundert
von meinen Männern! Wie soll ich die Garnison verteidigen käme es zum
Äußersten? Schon morgen werden die ersten Kriegsschiffe aus dem Norden und
aus Uaset
kommen. Wenn der Fluß genügend Wasser führt werden sie sich auf den Weg
machen. Auf den Weg durch die Katarakte! Auf den Weg nach
Buhen! Und
du wirst
mit an Bord sein!“
Ranofer spürte wie ihm sämtliches Blut aus dem Gesicht wich, ja
selbst die Lippen taub wurden. Mit Mühe versuchte er Haltung zu bewahren.
„Deine schöne Zeit hier ist vorbei, Ranofer. Wie lange dachtest du,
schaue ich noch tatenlos zu? Versuchst du irgendeine Verantwortung zu
übernehmen? Versuchst du ein Vorbild zu sein? Nein! Schweig! Du frönst
deinem Spaß! Huldigst dem süßen Leben! Ich finde dich in Schenken! Du hurst
herum! Ich hätte dich niemals zum Offizier ernennen dürfen! Niemals!“
„Tut mir leid, Onkel!“
„Schau mich nicht so an!“
„Ja, Onkel!“
„Glaubst mit deinem Blick alle um den Finger wickeln zu können!
Glaubst mit deinem hübschen Gesicht öffneten sich dir alle Türen!“, brüllte
der
Tjah Serut.
„Und wenn auch Ahaneith mich für den Rest
meines Lebens verfluchen wird, das ich ihr den Jungen, den sie wie einen
eigenen Sohn liebt, wegnehme,
du ziehst in den Krieg!“
„Ja, Kommandant!“ Ranofer stiegen tatsächlich Tränen in die Augen.
Buhen!
[1]
Yabu ist nicht nur die Bezeichnung für Elefant, auch hieß bei den
alten Ägyptern die Insel Elephantine bei Assuan (Swenu) so
[2] Elle,
altägyptisch Meh Nesut =
0,52 cm. Ranofer ist somit 1,82 m groß. Das mag für heutige
Verhältnisse nicht besonders scheinen. Doch damals wurden die
Menschen – Ramses II. ist da eine Ausnahme – nicht so groß. Pharao
Tut-Ench-Amun schaffte gerade mal 1, 55 m. Leseprobe II.
Alexander
... Sie…“,
Lisa wies in Richtung der Frauenleiche, „lag nicht lange da. Ein, zwei
Tage, sie war zwischen dem alten, still gelegten Ausflugsboot und dem
Anleger eingeklemmt, auf dessen Rost sie halb, mit dem Gesicht nach
unten gelegen ist. Daher hat man sie wohl nicht gleich gesehen. Und weil
die Leute hier Enten füttern, sind mehr Fische und Ratten in der Nähe
der Schiffe. Deshalb sieht sie so entstellt aus.“
Lex klopfte sich Sand von der Hose. „Was sagt unser fleißiges
Bienchen?“
Ein harter unbarmherziger Griff in seine Schulter zwang Lex dazu
sich aufzurichten, den Blick auf das weiße Papier eines Schutzanzuges
geheftet.
„Herr
Herbert Bien hat noch gar nichts zu sagen,
Herr
Kriminalhauptkommissar!“
Lisa grinste, Lex machte ein verlegenes Gesicht.
Bienchen hörte der zwei Meter Mann nicht
unbedingt gerne. Der Chefpathologe lockerte seinen Vulkanier-Griff, ließ
Lex los und zählte an den Fingern ab:
„Um Ende Dreißig, gepflegt, keine Handtasche, keine Papiere,
geschweige denn Schlüssel,
wahrscheinlich erstochen, wahrscheinlich nicht von
der Strömung hier angetrieben, sondern gleich zwischen Anleger und altem
Fahrgastschiff ins Wasser gefallen. Taucher sind unterwegs. Heut abend
wissen wir mehr.“
„Danke! Sonst irgendwelche Spuren, Lisa? Wann wurde sie
gefunden?“
„Gefunden hat sie ein Jogger heut morgen um acht Uhr dreißig.
Der Mann ist außer Verdacht, die Jungs haben alles schon überprüft.
Scheint ein Nachbar von dir zu sein, Markscheider“, sie suchte in ihrem
Notizblock, „Jonas,
Am Staden… er mußte mal, dabei hat er sie
dann entdeckt…“
„Ja, kenn ich, wohnt bei mir auf der anderen Straßenseite. Joggt
fast jeden Morgen bei fast jedem Wetter.“
„Wir sind hier fertig.“ Lisa schaute den Bestattern zu, die den
scheppernden Sarg in das Auto schoben. „Brasserie
oder Amadeus?“
„Hm?“
„Mittagspause, ich hab Hunger, also wohin?“
„Büro!“
„Och Chef!“
Das ist der Gipfel der Perversität, dachte sich Lex, als sie die
paar Meter zur Polizeidirektion gingen. Ein Mordopfer gefunden fast
neben der Wache! Mit dem Arm fegte er seinen Schreibtisch frei, ließ
sich in den Stuhl fallen, legte die Beine hoch. Gegenwärtig konnten sie
nichts tun. Bien würde sein Bestes geben und gegen Abend die ersten
Ergebnisse präsentieren, Lisa den Papierkram erledigen, die Jungs aus
dem Team die Vermißtenmeldungen durchgehen, die Taucher nach Handtasche,
Schlüssel und all dem suchen.
Schlaf! Das würde ihm guttun. Und etwas zu essen. Lex überlegte,
wann er das letzte Mal gegessen hatte. In seinem Hirn fand sich jedoch
nur ein schwarzes Loch, das wie eine dunkle Wolke über dem vergangenen
Wochenende schwebte. Freitag abend, Leere, Stille, knarzende Dielen vom
Mieter über ihm, die verlockende Cognacflasche, die ihn mit ihrem
leuchtendbraunen Inhalt versuchte, das Video, das er wohl schon zum
hundertsten Male seit ihrem Weggehen angeschaut hatte …
Er rieb sich das Gesicht, befummelte die raschelnden
Bartstoppeln unter seinen Händen. Die Augen schließen und vergessen,
bitte! Vergessen …
Lisa weckte ihn. Er war tatsächlich an seinem Schreibtisch
eingeschlafen. „Geh nach Hause. Du kannst doch nichts tun. Die Jungs sind schon gegangen. Sie haben bei den Vermißten nichts gefunden. Wir müssen auf Biens Ergebnisse warten.“
„Hast du Hunger?“
„Nein, mein Freund! Ich habe mich mit fettigem Fast Food über
Wasser gehalten Heut eß ich bestimmt nichts mehr. Ich geh jetzt heim.
Und dir gebe ich einen guten Rat: iß etwas und geh um Himmels Willen
endlich mal duschen!
Du stinkst wie ein Clochard!“
Gemeinsam verließen sie die Polizeidirektion. Lex wandte sich
Richtung Markt, Lisa zum kleinen Zweirad-Parkplatz auf der
Wilhelm-Heinrich-Brücke.
An der Brasserie,
dem Szene-Lokal an der Ecke zum Markt kam Lex der Gedanke, hier zu
essen. Zu Hause erwartete ihn lediglich ein leerer Kühlschrank und
trockenes Brot.
Nach dem wirklich leckeren, deftigen Essen und einem Glas Bier
fühlte Alex sich einigermaßen besser. Zu Hause angekommen, stellte er
sich unter die Dusche, ließ eiskaltes Wasser über sich laufen. Noch mehr
Schmerz… Durchgefroren drehte er plötzlich doch am Heißwasserhahn, griff
nach dem Duschbad, seifte sich gründlich ab. Lisa hatte recht mit ihrer
brutalen, knallharten Bemerkung. Und sie war gewiß die einzige, der er
erlaubte, so unverblümt mit ihm zu reden. Die kleine Kommissarin, seine
Partnerin, war schließlich sein bester Kumpel. Aber warum trug sie
ständig Schwarz? Lex hatte sie noch niemals in anderen Farben gesehen.
Sie ist so dunkel wie Karen hell gewesen war.
Licht und Schatten…
Karen …
Die Türglocke schellte laut und aufdringlich. Lex unterdrückte
den aufkommenden Schmerz, drehte das Wasser ab, griff nach seinem
Badetuch, ging zur Tür. Bienchen stand draußen. Verzeihung, Herr Bien.
Lex bat ihn einzutreten und der Pathologe erklärte sein Erscheinen mit
Dringlichkeit.
„Ihr Handy scheint nicht zu funktionieren und einen anderen
Anschluß haben Sie wohl nicht.“, bemerkte Bien, als Lex die Tür hinter
ihm schloß und dabei krampfhaft überlegte, in welches Zimmer er den
Pathologen führen sollte.
„Herr Schwab, es ist dringend!“
Lex bat ihn kurzerhand in das verheerende Wohnzimmer. Bien ließ
sich von dem Chaos um ihn herum nichts anmerken, übersah geflissentlich
das Bügelbrett, die Klamotten, die Flaschen und das zugestaubte, aus der
Leitung gerissene Telefon. Lex hob die Wolldecke vom Boden auf, knüllte
sie achtlos zusammen, machte Platz auf der Couch, Bien setzte sich.
„Ein Stich ins Herz mit einem langen, dünnen Gegenstand. Ein
Stilett vielleicht.“
Lex glaubte, ihm würde der Boden unter den Füßen weggerissen.
Das Handtuch glitt unbeachtet von seinen Hüften.
„Nein!“
„Herr Kommissar!“ Bien reichte ihm das Handtuch. Lex griff
danach, wand es aber nicht um. „Wie beim letzten Mal?“
„Genau
wie beim letzten Mal! Die selbe Waffe!“
Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde es Alexander schwarz vor
Augen.
„Ich würde Ihnen raten“, warf Bien ein, „auch dieses Mal den
Fall abzugeben. Tun Sie sich das nicht an!
Sie werden wieder durch die Hölle gehen; die letzte haben Sie
noch nicht verkraftet.“
„Mal sehen.“ Mehr bekam er nicht heraus, brachte Bien zur Tür
und sperrte wie betäubt hinter ihm ab. |
Die Titel "Am Horizont der Sonne", "Deshret Rote Erde",
alle "Sachmet" -Bände,
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